So, Du willst also stricken lernen - wieso das denn?
Sockenstricken auf der Terasse im Urlaub im Montafon - da konnte ich es allerdings schon 20 Jahre oder so... |
Jetzt rollst Du wahrscheinlich mit den Augen: "Kann Dir doch total egal sein, Domic, erklär es mir halt einfach!". Hast Du natürlich recht, kann mir egal sein - aber Du wirst es schneller lernen, wenn Du Dir mal kurz überlegst, warum Du das lernen willst:
Geht es Dir darum, ein bestimmtes Strickstück selber herstellen zu können, genau so, wie Du das willst? Ein Stirnband? Eine Mütze? Socken? Einen Pullover?
Geht es Dir eher um den Prozess des Strickens/ der Handarbeit, weil Du Dir davon Entspannung erhoffst, oder weil Du Dir gerade das Rauchen abgewöhnen willst und Deine Hände eine andere Beschäftigung brauchen?
Du musst sicher nicht in tagelanger Kontemplation Deine tiefsten Motive erforschen, aber einen Gedanken solltest Du aus meiner Sicht schon mal an Deine Motivation verschwenden - das hilft Dir dann auch, wenn Du das Gefühl hast, Du wirst Dir gleich die Finger brechen und es nie schaffen, diese blöde Wolle in etwas Tragbares zu verwandeln!
Was ist ein geeignetes erstes Strickprojekt für einen blutigen Anfänger?
Allerdings - und da kommt wieder die Motivation ins Spiel- wenn Du gar keine Lust auf einen Schal hast, wirst Du da wahrscheinlich nicht lange dranbleiben, denn so ein Schal kann seeeeehr lang sein - vor allem, wenn Du eigentlich gar keine Schals magst.
Überleg Dir also lieber, was Du wirklich gerne stricken können möchtest. Sollte das z.B. ein Norwegerpullover sein, musst Du dafür zwar etwas mehr lernen als nur geradeaus stricken, aber selbstverständlich kannst Du auch das lernen! Dauert dann eben nur etwas länger... Wenn Dich Dein "Fernziel" aber ausreichend begeistert, wirst Du da auch dranbleiben.
Antoine de Saint-Exupery hat mal gesagt:
„Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“
Übertragen aufs Stricken heißt das also "Wenn Du einen Norwegerpullover stricken willst, dann kaufe nicht Wolle und stricke Rechtecke in kraus rechts, sondern lehre die Strickerin die Sehnsucht nach einem kuscheligen, warmen, Pullover mit einem tollen Muster!"
Welche Elemente machen ein Strickprojekt "anfängerauglich"?
Es gibt natürlich schon einige Elemente, die ein Strickstück eher für Anfänger geeignet machen - einfach, weil Du als blutiger Stricknovize nicht gar so viele neue Dinge auf einmal lernen musst!
1. Suche Dir ein Strickprojekt, auf das Du wirklich Lust hast
Bei der Patternsuche auf Ravelry kannst Du sowohl nach Schwierigkeitsgrad als auch nach Nadelstärke filtern * >>.
Kostenlose deutsche Anleitungen auf Ravelry in Nadelstärke 4-5, als "einfach" klassifiziert |
2. Verwende nicht gar so dünnes Garn - aber auch keine Seile!
Allerdings sollte das Garn auch nicht zu dick sein, denn die Bewegungen, die Du beim Stricken mit den Handgelenken machst, sind bei sehr dicken Nadeln (alles über 7 mm Durchmesser) sehr viel "größer" und auf alle Fälle ganz anders als bei kleineren Nadeln. Viele erfahrenere Strickerinnen bekommen da Probleme mit schmerzenden Handgelenken, und Du als Anfänger wirst die großen Nadeln sicher noch nicht so routiniert halten und dazu neigen, wegen der ungewohnten Bewegungen zu verkrampfen.
Zu dünn ist natürlich auch nix - da siehst Du nicht, dass es voran geht und wirfst Dein Projekt frustriert in die Ecke.
Mein erstes Strickstück habe ich damals mit Nadelstärke 5 mm gestrickt, häufig wird Anfängern Nadelstärke 4-5 mm * >> empfohlen, das würde ich durchaus unterschreiben.
3. Verwende hochwertige Stricknadeln und Wolle
Ja, ich bin auch so ein Sparfuchs und würde vermutlich dazu neigen, erstmal "diese Wolle von Omma Erna" aufzubrauchen oder das "Sparpaket von Aldi" - schließlich weißt Du ja noch gar nicht, ob Dir das Stricken auf Dauer Spaß machen wird!
Allerdings: Wenn das Material, das Du verwendest, nicht gut ist, dann liegt es vielleicht gar nicht an Deinen noch fehlenden Strickkünsten, wenn nix voran geht, sondern an den schlechten Nadeln oder Garn.
Wenn Du sehr aufs Geld gucken mußt, dann schau doch mal auf z.B. auf Ravelry nach Garn und Nadeln, die jemand verkaufen möchte >> Auf Facebook gibt es sicher auch solche Gruppen (da kenne ich mich nur nicht so aus) oder auch auf e-Bay Kleinanzeigen - wobei da meiner Erfahrung nach die Qualität nicht so dolle ist.
Oder Du googelst mal nach einem Stricktreff in Deiner Nähe >> und fragst, ob Dir da jemand zeigt, wie es geht. Alle Strickerinnen, die ich kenne, geben die Begeisterung für ihr Hobby gerne weiter und haben sicher noch Material übrig, mit dem sie Dir zeigen können, wie es geht.
3 a. Verwende glattes, gut verzwirntes Garn, hauptsächlich aus Naturfasern
Anfängertauglich: Lana Grossa Cool Wool |
Pflanzenfasern wie Baumwolle oder Hanf sind weniger elastisch, was vor allem für Anfänger, die meist noch sehr fest stricken, anstrengend für die Handgelenke sein kann. Wenn Du keine tierischen Fasern verwenden möchtest, schau, dass dem Garn ein elastischer Anteil beigemischt ist - Lana Grossa Elastico * >> ist z.B. gut zu verstricken, finde ich.
Du solltest auch direkt VOR dem Kauf testen, ob Du die Wolle als kratzig empfindest - was die eine überhaupt nicht stört, juckt die andere extrem! Dazu hältst Du das Knäul an eine empfindliche Stelle wie z.b. am Hals oder an die Stirn und spürst nach, ob's Dich juckt.
Garne aus 100% Polyester/Polyacryl/Polyirgendwas haben zwar den Vorteil, dass sie die meisten Menschen nicht jucken, sie sind auch sehr günstig und in viiiiiielen Farben erhältlich, allerdings haben sie alle Nachteile von Plastik-Klamotten: Man schwitzt sehr leicht im fertigen Strickstück, und oft schwitzen bereits die Hände bei der Verarbeitung, dann rutschen die Maschen nicht gescheit auf den Nadeln und Du pfefferst Dein erstes Strickstück über kurz oder lang frustriert in die Ecke. Von den Mikroplastik-Fasern, die sich bei jeder Wäsche lösen und dann im Meer landen, fange ich jetzt erst gar nicht an...
3 b Achte auf Stricknadeln mit glatten Übergängen
Ja, Du kannst auf Rundstricknadeln auch "geradeaus" stricken, und ich würde Dir auch empfehlen, Dir Rundstricknadeln zu besorgen für Dein erstes Strickstück, denn bei den geraden, sogenannten "Jackennadeln", hängt Dir das gesamte Gewicht des Strickstücks auf den Nadeln, was dann irgendwann zu Problemen mit den Handgelenken führen kann.
Detaillierte Infos zu Stricknadeln findest Du in diesem Post >> Um die Sache hier abzukürzen: Du suchst Dir als erstes das Garn für Dein erstes Projekt aus und guckst dann, was auf der Banderole steht, welche Nadelstärke empfohlen wird- das sollte irgendwas zwischen 3 und 5 mm sein. Und ja: Je dicker das Garn, das Du verwenden möchtest, desto dicker sind auch die Nadeln, die Du benötigst.
Dann besorgst Du Dir eine dazu passende Rundstricknadel mit einem mittellangen Seil- ich würde 80 cm empfehlen. Ich finde für Anfänger Metallnadeln geeigneter, denn die meisten Anfänger stricken sehr fest und auf Metalnadeln rutschen die Maschen einfach besser.
Achte auch darauf, dass der Übergang von Nadelspitze zum Seil schön glatt ist - ich persönlich bin mit Knitpro Zing * >> oder auch Addi * >>immer sehr gut gefahren. Von den auswechselbaren Seilsystemen würde ich Dir als völligem Anfänger eher abraten, denn da ist der Übergang meist nicht so glatt. Da bekommst Du dann unter Umständen Deine Maschen nicht drüber und sie haken immer fest.
Die Rundnadeln, die z.B. in den Aldi-Strickpackungen beiliegen, sind meist nicht so doll - erstens ist da der Übergang Seil-Nadel oft hakelig, außerdem ist das Seil oft sehr steif und unflexibel, was den "Strickfluss" ebenfalls sehr behindert.
Wie genau gehst Du vor, wenn Du ein Strickstück beginnst?
1. Maschen anschlagen - "Cast on"
Du willst erstmal Maschen "anschlagen", also Deine ersten Maschen auf die Nadeln bekommen. In Deiner Anleitung sollte stehen, wieviele Maschen Du anschlagen sollst.
Wie genau das geht, Maschen anschlagen - da würde ich entweder eine Strickerin in Deinem "realen" Umfeld fragen - oder Youtube resp. das Internet. Ich mag die Drops-Anleitungsvideos, da wird nicht soviel gelabert, bis man zum eigentlichen Punkt kommt:
Hier geht es zum Drops Anleitungsvideo: Maschen anschlagen >>
2. Rechte Maschen stricken (Knit stitches)
Wenn Du dann die geforderte Maschenzahl auf den Nadeln hast, kannst Du loslegen - hier auf dieser Drops-Seite gibt es eine Schritt-für Schritt Anleitung für rechte Maschen >>, sowohl in Schritt-für-Schritt Fotos als auch als Video.
Es gibt zwei verschiedene Methoden, den Faden durch die Schlaufen auf Deiner Nadel zu holen: Einmal so, dass der Faden hinter dem Strickstück geführt wird - das nennt man auf Deutsch "rechte Maschen", auf Englisch "knit stitch".
3. Linke Maschen stricken
Die zweite Möglichkeit ist, den Faden VOR dem Strickstück zu führen - das heißt auf Deutsch "linke Maschen", auf Englisch "purl stitch". Hier geht es zur Drops-Anleitung "Linke Maschen stricken" >>
Einen Strickstoff kannst Du allerdings schon produzieren, wenn Du nur rechte Maschen kannst - dann sieht man halt jeweils auf der Rückreihe die "Wellen", die der mitgeführte Faden macht, das nennt man dann "kraus rechts" oder auch "garter stitch" auf Englisch.
Nur rechte Maschen in Reihen: Ein kraus rechts gestricktes Strickstück |
4. Formgebung: Maschen zu- und abnehmen
Damit das Strickstück auch passt, steht in Deiner Anleitung vielleicht etwas von "X Maschen zunehmen" oder sowas - wie genau das geht, findest Du auch im schon erwähnten Drops-Strickkurs: Maschen abnehmen hier >> und Maschen zunehmen hier >>
5. Abschlußarbeiten: Maschen abketten
Irgendwann bist Du fertig- dann musst Du die Maschen so sichern, dass nicht alles wieder aufribbelt, wenn Du die Nadeln entfernst. Das nennt man "Maschen abketten" und wie das geht, findest Du hier >>
Welche Anleitungen sind für Strickanfänger besonders geeignet?
Naja, der klassische kraus rechte Schal natürlich >> (auch wenn ich etwas dünnere Wolle und Nadeln als in der verlinkten Anleitung empfehlen würde), einen Waschlappen >> oder ein Stirnband >>. Auch eine Hülle für Dein Handy >> ist recht einfach zu stricken.
Aber nochmal: Du solltest genau das stricken, was Du unbedingt stricken MÖCHTEST! Wenn Dich nun mal nur Socken reizen, dann strickst Du eben Socken! Wie ich das mache, habe ich hier schon einmal aufgeschrieben >>
Mein erstes Strickstück war damals ein Pullunder aus zwei kraus rechten Rechtecken (naja, eher Trapezen, weil irgendwie immer mehr Maschen dazukamen...), und der war sogar zweifarbig - hatte mir halt keiner gesagt, dass das anspruchsvoller ist als nur eine Farbe - ich wollte den in gelb und blau, also habe ich ihn in genau den Farben gestrickt.
Welche Strickbücher sind für Anfänger geeignet?
Wenn Du einigermaßen Englisch sprichst, würde ich Dir "Stitch'n Bitch" von Debbie Stoller * >> absolut empfehlen!Da sind hübsche Anleitungen drin, die über kraus rechte Schals hinausgehen und die motivieren, neue Dinge dazu zu lernen. Hier kannst Du auf Ravelry einen Blick ins Buch mit den enthaltenen Anleitungen werfen >>
Anleitungen aus "Stitch'n Bitch" von Debbie Stoller auf Ravelry |
Auf Deutsch finde ich "Stricken - Masche für Masche" von Marisa Nöldeke * >>
recht gelungen - auch da kannst Du auf Ravelry einen Blick ins Buch werfen >>
Anleitungen aus "Stricken - Masche für Masche" von Marisa Nöldeke |
Es sind hat nicht ganz so viele Anleitung enthalten wie bei Frau Stoller, dafür ist es etwas neuer und damit etwas moderner.
So, jetzt Du: Welches soll Dein erstes Strickprojekt sein?
Respektive: Welches war Dein erstes Strickprojekt und warst Du zufrieden?
Welchen Anfänger-Tipp habe ich noch vergessen?
Schreib es mir doch bitte in die Kommentare?
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