Wie ich stricken und häkeln lernte
und was dann geschah
Fräulein Schlingmann, der Topflappen und das Monchichi
Ich war in der zweiten oder dritten Klasse der Grundschule. Wie alt ist man da – so 9 oder 10 Jahre alt. Wir hatten – ja, wie hieß das damals? Nicht „Handarbeiten“, vermutlich „Textilgestaltung“ oder „Kunst“ oder sowas – bei Fräulein Schlingmann. Die Dame legte noch Wert auf das Fräulein und hatte 20 Jahre zuvor schon meine Mama in der gleichen Schule unterrichtet. Sie war noch eine Lehrerin der „alten Schule“ und entsprechend recht streng, aber ich bin immer ganz gut mit ihr ausgekommen.In ihrem Unterricht habe ich dann einen Topflappen produziert: Gehäkelt wurde ein weißes Rechteck aus festen Maschen aus dem klassischen „Schulgarn“, also einem reinen Baumwollgarn. Zum Abschluß kam dann noch ein Rand drumherun in Dottergelb (ja, ich hatte eine fatale Vorliebe zu Dottergelb in der Zeit – es gibt da Karnevalsfotos mit einem dottergelben Prinzessinnenkostüm aus Faschingsseide – nein, das willst Du sicher NICHT sehen...). Ich kann rückblickend nicht mehr genau sagen, ob tatsächlich ich diese Umrandung gehäkelt habe oder meine Mama oder meine Oma.
Ich bin mir auch nicht sicher, ob es tatsächlich Fräulein Schlingmann war, die mich „an die Häkelnadel“ gebracht hat. Es kann gut sein, dass mir meine Oma schon früher die Grundlagen gezeigt hat, sie war nämlich eine begeisterte Häklerin.
Ich erinnere mich allerdings noch sehr gut, dass ich aus einer blaumelierten Polywolle erstmal ein Rechteck aus festen Maschen produziert hatte. Dann fand ich das in Reihen häkeln irgendwie langweilig und habe immer rundherum gehäkelt.
Dabei habe ich natürlich KEINE Zunahmen in den Ecken gemacht. Das Ergebnis war dann so eine Art länglicher Schale. Das passte von der Größe genau für mein Monchichi (Kennst Du die ? Sowas >> ). Und so habe ich es einfach zu einem „Schlafsack für mein Monchichi“ erklärt. Nicht, dass ich den viel benutzt hätte – ich war keine große Puppenmutter.
Meine Mutter hat den weiß-gelben Topflappen aber sehr lange in Gebrauch gehabt. Auch wenn er ein bissle schepps war, er funktionierte und wurde benutzt.
Deutschland lernt Stricken von Oma oder Mama
Vor 5 Jahren habe ich im „Deutschen Stricktreff“ auf Ravelry einmal eine Umfrage gestartet – hier das Ergebnis:Offensichtlich bin ich nicht allein: Die allermeisten Umfrage-Teilnehmer haben Handarbeiten von einem Familienmitglied gelernt. Ich hätte noch nach dem Geschlecht des Familienmitglieds fragen sollen. Ich bin einfach mal davon ausgegangen, dass strickende Opas, Papas und Onkel die ganz große Ausnahme waren.
Oder hast Du vielleicht Stricken von einem Mann gelernt?
Dann schreib es mir in die Kommentare!
Ich würde allerdings mal schätzen, dass der Anteil von „aus einem Buch oder Video selbst beigebracht“ in den nächsten Jahren steigen wird. Ganz einfach deshalb, weil es ja nicht mehr so viele Mamas, Papas und Omas gibt, die wie selbstverständlich stricken können.Stricken lernt man in der Grundschule
In der gleichen Umfrage habe ich gefragt, wie alt die Teilnehmer waren, als sie Stricken oder Häkeln gelernt haben.Auch da gehöre ich zur Mehrheit: Fast die Hälfte der Umfrage-Teilnehmer waren zwischen 6-11 Jahren alt, als sie „an die Nadel“ gekommen sind. Immerhin 15% waren aber schon volljährig – und da würde ich jetzt mal schätzen, dass das diejenigen sind, die sich das Stricken selber beigebracht haben.
Ich bin neugierig: Zu welcher Gruppe gehörst Du?
Bis Du ein Frühstarter oder ein Spätberufener?
Schreib es mir doch in die Kommentare!
Hast Du schon einmal jemanden Stricken beigebracht?
Schließlich wollte ich in der Umfrage noch wissen, wer schon einmal jemand anderen „an die Nadel“ gebracht hat.Ich selbst kann mich nicht erinnern, jemanden die Grundlagen beigebracht zu haben. Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich eine gute Lehrerin wäre – wahrscheinlich eher nicht.
Ich glaube, ich würde eher an die tollen Videos z.B. von Elizza von nadelspiel.com verweisen
oder an die Drops-Anleitungsvideos
Auch in der Umfrage war es so dass die Mehrheit noch niemanden Stricken beigebracht hatte. Die Tradition, Verwandte zu unterrichten, bleibt aber bestehen: 22% der Umfrage-Teilnehmer waren in dem Bereich aktiv.
Strick-Hype in den 80ger Jahren,
mein Pullunder in Senf-Petrol und strickende Männer
Häkeln habe ich also deutlich vor dem Stricken gelernt. Anfang der 80ger Jahre war Stricken dann total angesagt - jeder strickte, sogar die Grünen im Bundestag. Ich war 12 oder 13 Jahre alt und ich wollte das auch können.Also musste mir meine Mama zeigen, wie es geht (meine Oma konnte zwar auch Stricken, hat aber mehr gehäkelt, weshalb ich sie wohl nicht für kompetent hielt).
Mein allererstes Strickstück war ein Pullunder in kraus rechts. Das Garn war vermutlich ein Wollmischgarn, relativ dick, Nadelstärke 6 oder sowas. Die Farbe – ein sehr dunkles Petrolblau – stand mir überhaupt nicht, war aber sehr angesagt.
Und weil es ja einfarbig langweilig gewesen wäre, habe ich noch eine zweite Farbe verwendet – senf- oder currygelb. Aus der Farbe habe ich dann auf der Vorderseite ein currygelbes Dreieck eingestrickt. Dazu musste man die Fäden verkreuzen, also in Intarsiatechnik stricken.
Meine Mutter wusste auch nicht, wie das ging, hat sich aber irgendwie schlau gemacht. Vermutlich hat sie Freundinnen gefragt oder im „3 Pagen Katalog“ nachgeguckt, den sie damals regelmäßig bekam und in dem man auch Wolle bestellen konnte. Da muss ich sie mal fragen, Internet war ja da noch nicht.
Angesagt war Stricken trotzdem sehr: In meiner Klasse war ein Junge, der die tollsten Lopi-Pullover (damals haben wir „Norwegerpullover“) gestrickt hat. Das konnte er ohne Hingucken und durfte deshalb auch während des Unterrichts stricken. Oder vielleicht hat er es halt einfach gemacht.
Meine Strickkarriere in den 90gern: Pullover und Teddies
Bis zum Ende meiner Schulzeit habe ich dann immer mal wieder etwas gestrickt – hauptsächlich Pullover. Ich erinnere mich an ein Ungetüm aus Polywolle, royalblau und mintgrün, wieder mit Intarsia. Und an eine Strickjacke aus Baumwolle, mit Schachbrettmuster, khaki mit Rot. Auch an einen Pulli aus einem Viskose-Bouclé-Garn in Beerentönen kann ich mich gut erinnern.Anleitungen habe ich dabei nie verwendet -ich hab eine Maschenprobe gemacht oder (wahrscheinlich) mich auf die Angaben auf der Garnbanderole verlassen. Dann habe ich den Pullover nach meinen Maßen ausgerechnet und los gings. In den 80gern war ja eh „big beautiful“ - alle meine Pullover waren seeeeehr weit! Leider besitze ich keines dieser Werke mehr. Noch nicht mal Fotos, auf denen ich die Dinger trage, existieren noch.
Hast Du noch Fotos Deiner frühesten Strickwerke?
Dann schreib es mir doch in die Kommentare!
Außer Pullovern habe ich noch ganz gerne Kuscheltiere wie Puppen und Teddies gestrickt. Ich kann mich an zwei Wochen Herbstferien erinnern – das muss so Mitte der 80ger gewesen sein -in denen ich einen Teddy gestrickt habe, nach einer Anleitung aus der „Brigitte“.Basierend auf den Angaben habe ich danach noch zwei Puppen gestrickt: Eine als Geschenk für meine Freundin, die auf Schüleraustausch nach Australien gegangen ist. Und eine als Maskottchen für die Musikkapelle, in der ich damals gespielt habe – komplett mit Uniform und wenn ich mich recht erinnere, habe ich auch noch einen Hut dazu gebastelt, aus Pappe und schwarzem Filz.
Sockenstricken kam Ende der 90ger
Nach dem Abitur war erstmal Strickflaute bei mir. Wieder angefangen habe ich dann in den späten 90ger Jahren. Damals habe ich die ersten Strickblogs entdeckt – Ravelry gab es ja da noch nicht. Dort wurden tolle Socken gezeigt, das wollte ich auch können.Also habe ich mir das „Grosse Ravensburger Strickbuch“ aus der Bücherei ausgeliehen, in dem auch eine Grundanleitung für Socken war. Beim Karstadt habe ich ein Knäul Regia Irgendwas erstanden und ein Aluminium-Nadelspiel und los ging es.
Das hat auch ziemlich gut funktionert, nur die verstärkte Fersenwand habe ich nicht so ganz verstanden: Auf die Idee, das man das Garn bei der abgehobenen Masche HINTER dem Strickstück laufen lassen könnte, bin ich gar nicht gekommen. Ist mir dann aber aufgefallen, und beim zweiten Socken war es dann richtig.
Diese ersten Socken habe ich viel getragen und besitze sie immer noch. Ein Hoch auf die Regia-Qualität – man sieht zwar, dass die Socken nicht brandneu sind, aber es sind keine Löcher oder sowas zu sehen – und das nach fast 20 Jahren, da kann man nicht meckern.
Relativ bald habe ich dann die Online-Strickanleitungen entdeckt: Die Sockentabellen auf stricknetz.de verwende ich bis heute.
Auch bei den sonstigen Sockenkonstruktionen bin ich wenig experimentierfreudig: Top-Down, Herzchenferse, Bandspitze, fertig. Nur das Nadelspiel ist mittlerweile durch Magic Loop ersetzt worden. Wenn Du mehr dazu wissen möchtest, schau doch einmal in diesem Artikel übers Sockenstricken.
Stricken Reloaded:
Der braune Wintermantel, der Schal und Ravelry
Ja, und dann kam der braune Wintermantel: So um 2003 habe ich mir einen neuen Wintermantel gekauft, in schokoladenbraun. Zu dem hatte ich aber so gar keinen passenden Schal, und den brauchte ich, denn ich fand ihn am Hals etwas zugig. Was es im Einzelhandel so an Strickwaren zu kaufen gab, hat mich nicht wirklich überzeugt.Also bin ich in den Karlsruher Wolle Rödel geschlappt, habe je ein Knäul in maisgelb, wollweiß, senfgelb, orange und khaki von der „Allround“ gekauft, eine Nadel in Stärke 3,5 mm und los gings.
Nach alter Tradition hatte ich keine Anleitung – ich habe einfach pi mal Daumen hochgerechnet und dann in Streifen in 1 rechts, 1 links gestrickt, bis der Schal lang genug war. Die Streifen habe ich auch so breit gemacht, wie ich gerade Lust hatte. Und am Schluss war noch Garn übrig, daraus ist ein Stirnband geworden, auch 1 rechts, 1 links und dann einfach zusammengenäht.
In den Strickblogs, die ich damals schon regelmässig gelesen habe, wurde dann ab Sommer 2007 von dieser neuen Platform „Ravelry“ geschwärmt. (Für Nicht-Stricker: Das ist so eine Art Facebook für Stricker).
Damals konnte man noch nicht so einfach beitreten – man musste sich auf eine Warteliste setzen lassen. Das habe ich dann im August 2007 auch gemacht und endlich, Anfang November 2007, kam die Mail mit der ersehnten Einladung. Dabei fällt mir auf, dass ich damit dieses Jahr 10jähriges Ravelry-Jubiläum habe!
Seitdem bin ich ein sehr, sehr großer Ravelry-Fan. Facebook-Gruppen oder auch andere Anleitungsplattformen wie Crazypatterns haben mich nie wirklich überzeugt.
Ich kann gar nicht mal sagen, was genau das Beste an Ravelry ist:
- Die riesige Pattern-Datenbank, die man nach allen erdenklichen Kriterien durchsuchen kann?
- Der tolle Austausch in den verschiedenen Gruppen und Foren?
- Die vielen Bilder mit fertigen Strickstücken, getragen von normalen Menschen mit den unterschiedlichsten Körperformen?
- Die tollen Funktionen wie z.B. die „heissen Ohren“ oder die einfache Verlinkung hin- und her?
- Es ist einfach alles toll an Ravelry!
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