Freitag, 23. Dezember 2022

Mein Artikel in "Knitability" von den Bakery Bears: Christmas Traditions in Germany

 Ich bin ein Patreon beim Bakery Bear Youtube-Kanal >> und Anfang November fragte mich Dan, ob ich mir vorstellen könnte, einen Artikel für die Weihnachtsausgabe beizusteuern. Ja, konnte ich! 

Als Thema fand das Redaktionsteam deutsche Weihnachtstraditionen interessant, und genau darüber habe ich geschrieben. Den kompletten englischen Artikel bekommst Du in der o.g. Ausgabe, die alle Patreons lesen können. Patreon werden kannst Du schon ab 2 Dollar monatlich.

Hier jetzt also die deutsche Version:


Weihnachtstraditionen in Deutschland



Auch wenn es für Bewohner eines sehr großen Landes wie den USA schwer zu verstehen ist, sind die Weihnachtstraditionen in Deutschland sehr regional geprägt - was ich als Kind im Nordwesten (in Paderborn, einer Stadt mit etwa 100.000 Einwohnern zwischen Dortmund und Hannover) erlebt habe, trifft auf jemanden aus Süddeutschland wahrscheinlich überhaupt nicht zu.


St. Martin und Laternenumzüge

Wann genau hat für mich als Kind die Weihnachtszeit begonnen? Eigentlich schon am 11. November - denn da war St. Martin. In unserem Dorf gab es immer einen St. Martinsumzug, bei dem die Legende von St. Martin nachgespielt wurde: Ein römischer Soldat (natürlich auf einem "echten" Pferd von einem Bauern aus der Umgebung!) trifft auf einen frierenden Bettler, mit dem er seinen Mantel teilt. Wir Kinder sind dann mit (meist selbstgebastelten) Laternen hinter dem Reiter hergelaufen und haben spezielle "Laternenlieder" gesungen - z.B. "Ich geh mit meiner Laterne, und meine Laterne mit mir...". Am Ende bekamen wir alle eine Martinsbrezel - eine süße Brezel aus Hefeteig, mit Hagelzucker statt Salz oben drauf. Wo ich jetzt im deutschen Südwesten lebe, gibt es am Neujahrstag stattdessen süße Hefebrezeln, aber ohne Zucker oben drauf.


Stutenkerle und Dampedeis





Süßes Hefegebäck gibt es auch in anderen Formen - zu Nikolaus kann man zum Beispiel ein "Stutenkerl" (in anderen Gegenden auch "Weckmann" oder "Dambedei" genannt) in der Bäckerei kaufen: Das ist eine etwa 20 cm hohe Figur aus süßem Hefeteig, mit Augen aus Sultaninen, die oft eine Tonpfeife im Mund hat - keine Ahnung, woher diese Pfeife kommt, aber sie gehört auf jeden Fall zu einem Stutenkerl! In Paderborn nennt man ein Brot aus süßem Hefeteig "Stuten", aber das ist wirklich eine regionale Sache, denn die Süddeutschen wissen nicht, was gemeint ist, wenn man beim Bäcker ein "Stutenkerl" bestellt. In Ettlingen, wo ich jetzt wohne, müsste man nach einem "Dampedei" fragen.


Die Adventszeit und der Adventskranz




Die Weihnachtszeit hat aber erst am 1. Advent richtig begonnen. Der Advent beginnt am 4. Sonntag vor Heiligabend, das war im Jahr 2022 der 27. November. In dieser Zeit hat fast jede deutsche Familie einen Adventskranz mit 4 Kerzen. An jedem Adventssonntag wird eine dieser Kerzen angezündet, bis schließlich am 4. Advent alle vier Kerzen brennen. Als ich ein Kind war, wurde der Adventskranz hauptsächlich am Sonntagnachmittag angezündet, aber seit ich einen eigenen Haushalt führe, zünde ich den Adventskranz manchmal auch an Wochentagen morgens an, wenn ich meinen ersten Kaffee trinke.


Weihnachtsbäckerei




Selbstgebackene Weihnachtsplätzchen sind für mich auch sehr wichtig - jede Familie hat ihre eigenen traditionellen Rezepte. Ich mochte schon immer die "Spitzbuben", ein "Doppeldecker" aus zwei runden Keksen mit vielen Mandeln im Teig und Himbeermarmelade zwischen den beiden Keksen. Viele Familien backen gemeinsam mit ihren Kindern, meist mindestens einen ganzen Nachmittag lang, und es werden so viele Kekse gebacken, dass es für die ganze Adventszeit und Weihnachten reicht.


Nikolaus und Knecht Ruprecht

Wir haben immer am 5. Dezember gebacken, denn dann gab es genug Plätzchen für den Nikolaustag am 6. Dezember. Nikolaus war ein Bischof, der im 4. Jahrhundert nach Christus in Myrna, in der heutigen Türkei, lebte. Der Legende nach beschenkte er die Kinder, weshalb er in der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember den Kindern Geschenke bringt. St. Nikolaus ist wahrscheinlich auch die "Vorlage" für den amerikanischen Weihnachtsmann, der ursprünglich von holländischen Einwanderern in die USA gebracht wurde. Traditionell stellen die Kinder am 5. Dezember ihre Stiefel oder Schuhe vor die (Zimmer-)Tür und finden diese am Morgen des 6. Dezember mit Süßigkeiten, Nüssen, Orangen, Äpfeln und kleinen Geschenken gefüllt. Ich vermute, daher kommt der amerikanische Brauch der "Christmas Stockings".

Als ich ein Kind war, gab es auch einen Laternenumzug für St. Nikolaus, gefolgt von einem "Nikolausspiel", bei dem ein verkleideter Nikolaus die Geschenke direkt verteilte. Traditionell hat der Nikolaus einen Sack mit den Geschenken und ein goldenes Buch, in das er genau einträgt, ob die Kinder im Vorjahr brav gewesen sind. Waren sie das nicht, brachte er einen speziellen Helfer für "böse Kinder" mit - in unserer Gegend hieß er "Knecht Ruprecht", in anderen Gegenden, vor allem in Süddeutschland, wird er manchmal "Krampus" genannt und kann ziemlich gruselig aussehen. In unserem Dorf trug er eine dunkle, grobe Kutte mit Kapuze und hatte eine Rute dabei, mit der er drohte, "böse" Kinder zu schlagen - was aber nie geschah. Es konnte allerdings vorkommen, dass "böse" Kinder nur eine Rute im Stiefel hatten, statt der Leckereien, nämlich ein Bündel dürres Reisig.

Weihnachtsmärkte




Was ich in den Jahren der Pandemie schmerzlich vermisst habe, waren die Weihnachtsmärkte: Sie beginnen meist in der Woche vor dem 1. Advent. In Ettlingen, wo ich jetzt wohne (es liegt im Südwesten, in der Nähe von Karlsruhe, nahe der Grenze zu Frankreich), werden spezielle kleine Holzhütten aufgestellt, in denen es neben Kunsthandwerk auch viele typische Spezialitäten zu essen und zu trinken gibt: Glühwein (warmer, süßer Wein (meist Rotwein) mit Gewürzen wie Nelken, Zimt und Anis), gebrannte Mandeln, Schokoküsse, Lebkuchen, Waffeln ... Außerdem gibt es ein kleines Karussell für die Kinder und eine Bühne, auf der lokale Chöre und Musikvereine Weihnachtslieder singen.


Christkind oder Weihnachtsmann?


Aber wer bringt die Geschenke zu den deutschen Kindern? Das ist von Region zu Region sehr unterschiedlich - bei uns kam das "Christkind", das meist als "Engel" mit weißem Kleid und goldenen Locken dargestellt wird. Für mich war es auch eindeutig ein Mädchen, obwohl natürlich eigentlich das "göttliche Kind" gemeint ist. Bei meiner besten Freundin war es der "Weihnachtsmann", der die Geschenke brachte, sie ist weiter nördlich in Hamburg geboren, aber ich weiß nicht, ob der "Weihnachtsmann" (sieht dem amerikanischen Santa Claus sehr ähnlich) per se eher eine norddeutsche Erfindung ist... Die meisten deutschen Familien beschenken sich am Abend des 24. Dezember, nicht am 25. Dezember wie in vielen englischsprachigen Ländern.


Der Weihnachtsbaum und was man dranhängt


Als ich ein Kind war, hatten wir immer einen echten Weihnachtsbaum, normalerweise eine Fichte, die wir bei einem Bauern in der Nähe gekauft haben, aber mit künstlichen Kerzen. Mein Freund aus Hamburg hatte dagegen immer echte Wachskerzen, so dass der Baum natürlich nicht so oft angezündet werden konnte wie unserer. Der Weihnachtsbaum wurde immer am Morgen des 24. Dezembers aufgestellt und geschmückt, und es gab meist lange Diskussionen darüber, ob der Baum gerade oder schief stand. Wir schmückten ihn mit roten und goldenen Kugeln und Strohsternen (von denen wir einige selbst gemacht hatten). Wir behielten den Baum von Heiligabend bis zum 6. Januar, dem Fest der Heiligen Drei Könige.

Oh, und ich glaube, es hat sich inzwischen herumgesprochen, dass die "Weihnachtsgurke" ein Mythos ist? Ich habe zum ersten Mal in den 2000er Jahren davon gehört, und ich kenne keine einzige deutsche Familie (die nicht irgendwann in den USA gelebt hat), die eine "Weihnachtsgurke" an ihren Weihnachtsbaum hängt. Auf einigen Weihnachtsmärkten kann man das Ornament finden, aber das ist definitiv nur für amerikanische Touristen.


Die Sternsinger


Der 6. Januar ist immer das offizielle Ende der Weihnachtszeit, und dann kommen die "Sternsinger" (= Sternsinger). Das sind Kinder, die sich als die "3 Weisen aus dem Morgenland" verkleiden, meist einen Stern tragen und von Haus zu Haus gehen. Sie klingeln an den Türen, singen ein Segenslied und schreiben einen Segensspruch an die Haustür: "Christus mansionem benedicat" (=Christus segne dieses Haus), der alle Bewohner im neuen Jahr beschützen soll. Außerdem sammeln die Sternsinger Geld für einen guten Zweck, für Kinder in ärmeren Ländern, und eine Delegation der Sternsinger in Berlin tritt immer bei der Bundeskanzlerin auf.


Weiterführende Links

Christmas Traditions Video from Feli from Germany >>

Christmas in Germany Playlist from Merry Messy Life >>

Background on the “Christmas Pickle” >>

Background on the “Sternsinger” charity >>

Pictures of a Laternenumzug at St. Martin >>

Knitted Advent Wreath Pattern by Isabelle Kraemer >>

Background on the St. Nicholas legend >>

Recipe for Martinsbretzel (also gives some background on the St. Martin legend) >> 

Recipe for German Waffles (which you would get at a christmas market) >> 

Recipe for Stutenkerl >> 

Recipe for Spitzbuben-Cookies (though this recipe uses no almonds, sadly…) >> 

Recipe for Glühwein >>


So, das war's dann erstmal vor Weihnachten - ich wünsche Dir und allen Deinen Lieben erholsame Feiertage!




3 Kommentare:

  1. Hallo Doro,
    dir auch noch schöne Feiertage.
    Hier im Umkreis von Köln werden die Weckmänner zu St. Martin gebacken und verkauft. Die Pfeife war wohl in früheren Jahren ein Stab und irgendwann wurde eine Pfeife daraus.
    Meine Familie hatte auch immer einen Adventskranz, die Kerzen brannten aber auch nicht nur Sonntags, so wurden eben immer neue eingesetzt und zu Weihnachten brannten dann alle.
    Bei uns kam auch das Christkind am Heiligen Abend.
    Gruß
    Hannelore

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  2. Das ist ein sehr interessanter Bericht, der mir gut gefällt.
    Ich wünsche Dir einen Guten Rutsch und ein Gutes Neues Jahr 2023!
    LG
    Ingrid

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