Freitag, 5. Juli 2019

Wie ersetze ich Garne in einer Strick- oder Häkelanleitung: 5 Dinge, die Du beachten solltest

Auf das Thema hat mich eine Hörerfrage in einem der letzten Frickelcasts gebracht >>  (Für den unwahrscheinlichen Fall, dass Du den Frickelcast, einen Audiopodcast über Stricken, Häkeln, Nähen und sonstige Handarbeiten - noch nicht kennen solltest, hör unbedingt mal rein! Weitere Tipps für gute Strick-Audiopodcasts findest Du hier >>)


Was tust Du, wenn Du eine Strickanleitung nachstricken möchtest, das dort verwendete Garn aber nicht verwenden kannst oder möchtest?



Ich verwende selten das Originalgarn, sondern gerne Garne aus meinem Stash


Dafür kann es ja jede Menge Gründe geben:

  1. Die Anleitung ist vielleicht schon älter und das verwendete Garn wird nicht mehr hergestellt und kann nicht mehr verwendet werden.
  2. Das verwendete Garn ist dort, wo Du lebst, nicht zu bekommen, weil Du vielleicht eine englische Anleitung nachstricken möchtest oder einfach das Garn nicht online bestellen möchtest.
  3. Das verwendete Garn ist Dir zu teuer.
  4. Das verwendete Garn magst oder verträgst Du nicht (zu kratzig, Wollallergie, Du möchtest lieber ein pflanzliches Garn verwenden....)
  5. Das verwendete Garn gibt es nicht in einer Farbe, die Dir auch gefallen würde.
  6. Du hast noch Pullovermengen an Garn in Deinem Stash/ Garnvorrat und möchtest die erstmal verarbeiten.

Bei mir ist es meistens eine Kombi aus 2, 3 und 6 - ich stricke fast nie mit dem Garn, das die Designerin verwendet hat. Das hab ich glaub ich sogar noch überhaupt gar nie gemacht, wenn ich so recht drüber nachdenke...
Würde mich mal interessieren:


Verwendest Du gerne das Originalgarn, das in der Anleitung angegeben ist?
Schreib es mir doch bitte in die Kommentare!



1. Wie dick ist das verwendete Garn, welche Lauflänge hat es?


Bei allen Punkten, die ich hier auflisten werde, ist mir Ravelry eine Riiiiiesenhilfe - ich weiß gar nicht, was Strickerinnen gemacht haben, bevor es das gab? Dunkle Zeiten waren das... ;-)

In der Regel ist ja bei Strickanleitungen nicht nur angegeben, wie das Garn heißt, das verwendet wurde, sondern auch, welche Lauflänge es hat, also z.B. "420 Meter auf 100 Gramm" (das ist die Standardlauflänge für Sockengarn).

Mit dieser Angabe gehst Du dann in das Wollgeschäft Deines Vertrauens (ah, da ist schon ein Punkt, wie frau das "Vor Ravelry" gemacht hat - man hat einfach im Wollgeschäft gefragt!) und fragst, ob sie ein Garn in einer ähnlichen Lauflänge vorrätig haben.



Sehr hilfreich ist die Garnsuche auf Ravelry 

Im englischen Sprachraum arbeitet man nicht (nur) mit Lauflänge, sondern auch mit den sogenannten "Yarn Weights", also dem Garngewicht. Sockenwolle fällt dann in die Kategorie Fingering, und danach kann ich bei Ravelry gezielt suchen (was ich auch meistens tue).

Allerdings funktioniert das für mich meist anders herum: Ich habe zuerst ein Garn, das ich verarbeiten möchte, und siche DANN auf Ravelry nach einer Anleitung. 



2. Welche Fasern  sind im Originalgarn enthalten? Wolle, Baumwolle, Leinen, Alpaka?


Außer der Lauflänge ist auch die Faserkombi in Deinem Garn von Bedeutung: Wolle ist viel elastischer als Pflanzenfasern wie Baumwolle oder Leinen und verstrickt sich deshalb auch ganz anders. 


Schön geworden, aber anstrengend zu stricken:
Das Landlust-Tuch aus Leinengarn 


Die Elastizität eines Garns kann z.B. von Bedeutung sein, wenn Dein Strickstück eher "auf Figur" geschnitten ist und ein bissle kleiner gestrickt wird, als Dein Körperumfang ist. Bei einem Wollgarn ist das kein Problem, das dehnt sich. Bei einem Garn aus Pflanzenfasern geht es vielleicht einmal mit dem Dehnen - aber dann geht nix mehr zurück in die ursprüngliche Form, also leiert das fertige Stück.

Aber auch bei Accessoires kann das ein Thema sein: Mein Landlust-Tuch >> habe ich z.B. aus einem reinen Leinengarn gestrickt. Das war deshalb keine gute Idee, weil das Tuch teilweise mit sehr dicken Nadeln gestrickt wird, die einzelnen Maschen sollten sich also etwas dehnen, um über die Nadeln zu rutschen. Das geht bei einem Leinengarn nur sehr beschwerlich - frag mich, woher ich das weiß.... 

Mir gefällt das Endergebnis sehr gut, aber das Stricken hat nicht übermässig viel Spaß gemacht, weil ich jede einzelne Masche über die dicke Nadel zwingen musste!

Buchtipp: "The Knitter's Book of Yarn"
 von Clara Parks * >>


Wenn Du noch nicht so gut einschätzen kannst, welche Faser welche Eigenschaft hat  und leidlich des Englischen mächtig bist, dann empfehle ich Dir dieses Buch von Clara Parks wirklich sehr! Sie erklärt genau, welche Faser welche Eigenschaften hat und was Du beim Verstricken oder Verhäkeln beachten solltest.

Außer auf die Faseranteile geht sie auch auf die "Konstruktion" eines Garns ein, also ob und wie stark es verzwirnt ist und ob es aus einem oder mehreren Zwirnfäden besteht oder ob es vielleicht eine winzige "Stricklieselschnur" ist.
Das bring mich dann zu Punkt 3:


3. Wie ist das Garn "konstruiert": Verzwirnt oder nicht? 



Diesen Punkt habe ich  zugegebenermaßen bisher eher weniger beachtet, aber er ist definitiv alles andere als unerheblich: Ein sommerlicher Pullover, der aus einem Bändchengarn gestrickt wird (also einem schmalen, gewebten Band), wird komplett anders wirken und fallen, wenn Du ihn aus einem stark verzwirnten Garn strickst oder vielleicht aus einem gefachten Bobbel >>

Du kannst Dich natürlich trotzdem für ein anders "konstruiertes" Garn entscheiden, aber es sollte dann eine "informierte Entscheidung" sein, das heißt, Dir ist BEWUSST, dass Dein Strickstück vermutlich andere Eigenschaften haben wird und inwieweit es sich vom Modell in der Anleitung unterscheiden wird.


In der Ravelry-Garnsuche kann man auch nach Konstruktion des Garnes filtern 

In der genialen Garn-Suche auf Ravelry kannst Du auch nach der Konstruktion des Garnes filtern, und zwar unter "Attributes" und dann unter "Construction".


4. Gibt es vielleicht schon Projekte auf Ravelry, die in Deinem Wunschgarn gestrickt wurden?


Eines meiner liebsten Features auf Ravelry ist, dass ich - bevor ich mich entscheide, ob ich etwas nachstricken möchte und aus welchem Garn - schon einmal in den "Finished Objects" stöbern kann, wie dieses Model getragen aussieht.

Idealerweise sind dann auch Tragefotos von Damen dabei, die eine ähnliche Körperform haben wie ich oder in einer meiner Lieblingsfarben.

Ab einer gewissen Mindestanzahl an nachgestrickten Projekten macht Ravelry auch Garnvorschläge, die Du unter "Yarn Ideas" findest:


Ravelry schlägt Dir für Deine Anleitung Garn vor unter "Yarn Ideas" 

Diese "Yarn Ideas" basieren auf den Garnen, die bisher von Ravelern für diese Anleitung vestrickt wurden. Es wird Dir genau angezeigt, wie oft ein bestimmtes Garn verwendet wurde und mit einem Klick auf "Used x times" kommst Du direkt zu den Fotos der jeweiligen Finished Objects.

Ravelry zeigt Dir an, wie oft ein Garn für diese Anleitung verwendet wurde




5. Wie wurde Dein Wunschgarn auf Ravelry bewertet? Gibt es Kommentare, die für Deine Anleitung relevant sind?



Kommentare zum Garn auf Ravelry können hilfreich sein 

Nehmen wir also an, Du hast jetzt ein Garn in der engeren Auswahl, mit dem Du Deine Anleitung stricken willst. Du hast aber keine Möglichkeit, das Garn mal in die Hand zu nehmen und Du weißt auch nicht, wie ein Garn sich auf lange Sicht verhalten wird, ob es vielleicht nicht ganz farbecht ist und ausblutet oder ob es zum Pillen neigt.

Ich schaue da gerne in den Kommentaren zum Garn auf Ravelry nach. Dort kannst Du sogar danach filtern, wer dieses Garn schon verwendet hast und Dir ggf. das Finished Objekt dazu anschauen.

Leider haben wenige Garne auf Ravelry soviele Kommentare wie die Drops Lima im Bild oben. Aber dann kannst Du ja immer noch die Ravelerin, die die Anleitung in Deinem Wunschgarn nachgestrickt hat, per Direktnachricht anschreiben und nachfragen, ob sie mit ihrer Garnwahl noch zufrieden ist und falls nicht, was genau sie an dem Garn stört.


So, jetzt Du:
Ersetzt Du häufig das Garn, das in einer Anleitung angegeben ist?
Oder strickst Du lieber mit dem Originalgarn?
Gibt es noch etwas, was frau unbedingt beachten sollte, das ich aber zu erwähnen vergessen habe?
Schreib es mir doch bitte in die Kommentare!



* = Affiliate-Link, führt zu Amazon.de

2 Kommentare:

  1. Moin Domic,
    danke für die umfangreiche Auflistung. Da merkt man mal, wie unterschiedlich die Vorgehensweise ist.
    Ich selber stricke selten mit den in einer Anleitung angegebenen Garnen. Meine Auswahlkriterien sind einmal die Lauflänge, die Matrialzusammensetzung, sowie die Garnstruktur und die gewaschene Maschenprobe. Letztere geben den Hauptausschlag, wenn ich mir nicht sicher bin, ob es passt oder nicht. So kann es auch mal sein, dass das ausgewählte Garn nicht die gleiche Lauflänge hat bzw. erheblich davon abweicht. Wenn die Maschenprobe stimmt, kann ich mich genau nach der Anleitung richten. Im anderen Fall wird umgerechnet, wenn ich denn gerade dieses eine bestimmte Garn verarbeiten möchte.
    Ravelry nutze ich dafür eher selten.

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  2. Hallo Domic,vielen Dank für deine Ausführungen, ich lese schon länger deinen Blog und mag ihn.
    Ich glaube, ich habe noch nie mit dem Originalgarn eine Anleitung gestrickt. Früher bin ich immer nach der Lauflänge gegangen, dank ravelry (wie hab ich eigentlich vorher stricken können???) gucke ich jezt eher nach der Maschenprobe. Ich schaue wie du, ob es ein pflanzliches oder ein Wollgarn ist und bei letzterem, welches Tier - Alpaka verhält sich ganz anders als Merino.
    Grüße von Christiane.

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