Dienstag, 21. August 2018

Rezension: Weder gerührt noch geschüttelt von Timm Kruse

Das PDF-Leseexemplar des Buches hat mir Netgalley.de kostenlos zur Verfügung gestellt - vielen Dank dafür!

Rezension: Weder gerührt noch geschüttelt von Timm Kruse * >>


Taschenbuch: 240 Seiten, Verlag: Verlag Herder
ISBN-10: 3451600560


Klappentext:


Es beginnt mit einem simplen Fragenbogen an Karneval: Timm und ein Freund gehen ihn aus Spaß durch und erzielen das Ergebnis „Schädlicher Alkoholkonsum“. In Feierlaune, vorgeglüht und bekifft, lachen sie die Erkenntnis einfach weg. In den darauffolgenden Wochen hat Timm jedoch noch mehr Schlüsselerlebnisse, die ihn ernsthaft die Fragen stellen lassen: Wer bin ich? Der verkaterte Typ im Spiegel jedenfalls nicht. Leider ist es auch nicht James Bond, sondern ein Fremder, der sich da in sein Badezimmer geschlichen hatte. Im Spiegel sieht er ein gealtertes, süchtiges Selbst. Ein Selbst, von dem er genug hatte und das er nicht mehr sein wollte. Auf einmal war er vollkommen nüchtern, und es war glasklar: Sein Leben musste sich jetzt endlich ändern.

Da er Herausforderungen liebt, verordnet er sich zwölf rauschfreie Monate: Statt Abstürzen, Filmrissen und Kopfschmerzen steht nun Abstinenz an und alles, was ihm sonst gesund erscheint: er meditiert, macht Sport, nimmt Trommelunterricht und findet die Liebe seines Lebens. Nach diesem Jahr mit tiefen Rückschlägen und manchen Höhepunkten steht für ihn fest: Er will nie wieder so leben wie früher! Kruses Bericht ist eine originelle Mischung aus Memoire und Sachbuch mit vielen Informationen zum Thema Alkohol, der deutlich macht, welche Auswirkungen das Suchtmittel haben kann. Schonungslos offen erzählt er seinen Prozess vom berauschten Partygänger zum nüchternen Glücksritter. Es ist für uns Vieltrinker überhaupt kein Problem, über einen gewissen Zeitraum keinen Alkohol zu trinken. Das ist ja das Tückische. Man glaubt dadurch, alles im Griff zu haben, um nach der Pause doppelt zuzuschlagen. Ein Jahr lang nüchtern sein, ist allerdings schon lang. Es bieten sich unendlich viele Möglichkeiten, wieder zu trinken – in praktisch jeder Lebenssituation muss man lernen, Nein zu sagen: Auf Hochzeiten und Beerdigungen, Betriebsausflügen, nach dem Sport, bei Essenseinladungen, auf Konzerten, am Bahnhof, im Restaurant, in Kneipen, an Weihnachten, Ostern und Silvester. Irgendwann hat man die Nase voll, ständig anders zu sein und gönnt sich ein Glas. Und dann dauert es höchstens ein paar Wochen, bis man zurück auf dem Level ist, bei dem man ausgestiegen ist. Und der ganze Wahnsinn geht wieder von vorne los. Oder: man hält durch.“

Alkohol ist das am weitesten verbreitete Suchtmittel in Deutschland. Der Konsum ist gesellschaftlich anerkannt; alkoholische Getränke sind überall und jederzeit verfügbar. Wer wird auf einem Fest schon gefragt, warum er nicht raucht? Oder kein Heroin nimmt? Deshalb ist es umso erstaunlicher, dass das Konsumieren von Alkohol so selbstverständlich ist. Dabei gibt es genug Maßnahmen, die helfen würden, den Konsum von Alkohol zu reduzieren: höhere Preise, weniger Werbung und kein Alkoholverkauf rund um die Uhr. Jedoch macht die Alkoholindustrie alles, um Preissteigerungen oder schärfere Gesetze zu verhindern. Die Folgen sind dramatisch: 10 Millionen Menschen in unserem Land trinken in gefährlichem Maß – so die Studie der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS).

Über den Autoren:


Timm Kruse wurde 1970 in Lippe-Detmold geboren (und ist damit ein Landsmann von mir aus Ostwestfalen-Lippe, hah!). Er hat Sprach- und Literaturwissenschaften in Saarbrücken und Wolverhampton studiert. Nebenbei arbeitete er für verschiedene deutsche Tageszeitungen. Seit 1997 ist er Fernseh-Redakteur, unter anderem für den NDR und das ZDF. Kruse war Wissenschaftsjournalist bei „Planetopia“ und Sportreporter bei „ran“.

Und, wie hat es mir gefallen?


Hat mir sehr gut gefallen! Obwohl ich selbst deutlich weniger Alkohol trinke als der Autor - ich trinke ihn durchaus und es gab auch schon Zeiten, wo das nicht nur am Wochenende passiert ist. 

Das Buch hat mir klar gemacht, wie sehr Alkohol präsent ist im täglichen Leben: Das Sektle beim Kollegengeburtstag oder auf einer Messe beim Kundenevent, das Schnäpsle im Wanderurlaub, das Feierabendbier (oder in meinem Fall eher Wein, ich mag kein Bier)... 

Wenn da jemand nicht mittrinkt, wird der schnell blöd angeguckt - das ist vermutlich bei Männern noch  schlimmer als bei Frauen, da habe ich das Gefühl, es wird eher akzeptiert, wenn man nichts trinkt.

Ich habe mir mal überlegt, warum ich Alkohol trinke  - ich denke, es ist am ehesten zur Entspannung. Kruses These ist aber, dass Alkohol nichts "kann", was man nicht auch anders und besser erreichen kann: Entspannungstechniken, Lesen, Stricken, Sport... 

Und ich muss zugeben, dass es mir dann oft am nächsten Morgen nicht soooo gut geht - jetzt kein richtiger Kater, aber leichte Kopfschmerzen oder ich fühle mich einfach nicht richtig ausgeschlafen.

Ich habe also beschlossen, dass ich meinen Alkoholkonsum noch mehr runterfahren will auf vielleicht einmal im Quartal maximal. Seit der Fastenzeit, in der ich gar keinen Alkohol getrunken habe, ist es zwar weiterhin wenig - aber ich werde dann in Zukunft beim Griechen statt Ouzo eher Kaffee bestellen und das Schnäpsle im Urlaub ist jetzt auch nicht sooo dringend nötig.

So, jetzt Du: Wie hältst Du es mit dem Alkohol?
Trinkst Du welchen und wenn ja, zu welchen Anlässen?
Schreib es mir doch bitte in die Kommentare!


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2 Kommentare:

  1. Alkohol ist tatsächlich ein interessantes Thema. Wir trinken so gut wie gar keinen Alkohol, wir sind beide Autofahrer, wohnen zehn Meter vorm Bretterzaun am Ende der Welt und müssen überall hin mit dem Auto fahren, da trinken wir dann selbst zuhause kaum jemals was, und wenn, dann allenfalls ein Radler oder Colaweizen beim Grillen. Ich bin allergisch auf Sulfite, deshalb fällt Wein bei mir weg, und die harten Sachen haben wir gar nicht im Haus, wir trinken sie eh nicht.

    Ich erinnere mich noch, als wir vor 16 Jahren aufgehört haben zu rauchen ... mein Mann, damals noch auf Montage auf Baustellen, hat von überall Lob und Schulterklopfen bekommen ("Daß du das so durchhälst, echt toll, ich wünschte, ich könnte das auch" etc) - aber wenn er dann gesagt hat, er trinkt kein Feierabendbier mit, er möchte lieber ein Spezi, ist er schief angeschaut worden. Eigentlich die totale Doppelmoral, Rauchen ist pfui, Trinken ist hui ...

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    1. Ja, das Alkohlkonsum quasi erwartet wird, ist mir bei der Lektüre so richtig klar geworden. Und ob das jetzt so toll ist, dass schon im Breitensport und bei Jugendmannschaften hauptsächlich Brauereien die Sponsoren sind - hm... Zumindest bin ich da deutlich ins Nachdenken gekommen! Vielleicht kommt die Entwicklung beim Rauchen ja zeitverzögert auch beim Trinken, dass es z.B. Non-Alkohol-Veranstaltungen gibt oder so.

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